Ein Jahr ist nun fast um …

Es ist jetzt nun ziemlich genau ein Jahr her, dass sich unser Gruppen- und Elternrat gemeinsam dazu entschlossen haben, als Pfadfindergruppe eine Flüchtlingsfamilie zu unterstützen. In diesem Jahr hat sich in Wiener Neudorf viel getan und bewegt, nicht zuletzt durch unser Engagement und darauf können wir als Pfadfindergruppe stolz sein.

Hiermit möchten wir einen kurzen Überblick über den aktuellen Status unseres Projektes geben. Im September 2015 wurden uns von der Diakonie vier syrische Gäste zugeteilt, welche vorerst für einige Wochen im Pfadfinderheim untergebracht waren und aufgrund unerfreulicher Umstände von uns im Anschluss relativ rasch privat untergebracht werden mussten. Dies war nur möglich durch die tatkräftige Unterstützung unseres Elternrates – in diesem Zusammenhang auch nochmals ein herzliches Dankeschön an die Familie Ertl!

Über Integration und Flüchtlinge wird derzeit viel gesprochen und in den Medien berichtet, doch selten wird dieses Wort in der Diskussion wirklich mit Leben gefüllt. Der Prozess der Integration ist langwierig und nicht immer geradlinig und verläuft in unterschiedlichen Phasen, welche individuell sehr verschieden sein können und natürlich zum Teil auch parallel verlaufen. Beeinflusst wird die Dauer des Prozesses vor allem durch die Integrationsbereitschaft der flüchtenden Person und durch die Aufnahmebereitschaft des Aufnahmestaates und der ansässigen Bevölkerung. Es liegt also nicht zuletzt an uns, wie erfolgreich Integration von neuankommenden Menschen verlaufen wird und kann.

Am Anfang eines jeden Integrationsprozesses steht das Ankommen im zukünftigen Aufnahmestaat. In der ersten Phase steht daher vor allem die Deckung der kurzfristigen Grundbedürfnisse und ein „Zur-Ruhe-kommen“ im Vordergrund. Anschließend müssen in einer zweiten Phase sämtliche organisatorischen Herausforderungen bewältigt werden, um einen geregelten Start in den neuen Lebensabschnitt im Aufnahmestaat zu ermöglichen (Sprachkurs, Asylverfahren, Schule/Ausbildung, etc.).

Wir konnten unsere Gäste in diesem Jahr erfolgreich ein Stück des Weges begleiten und sie bei den vielfältigen Herausforderungen nach Kräften unterstützen. Neben der Klärung zahlreicher organisatorischer Fragen (Unterkunft, Meldung, Grundversorgung, Schule, Familienzusammenführung, etc.) haben wir unsere Gäste auch im Asylverfahren begleitet. Esahak und Hussein haben inzwischen bereits einen positiven Asylbescheid erhalten, Mohammad und Hasan haben per Bescheid den Status als Subsidiär Schutzberechtigte zugestanden bekommen. Den Bescheid von Hasan und Mohammad haben wir gemeinsam mit dem Verein Menschrechte bereits beeinsprucht und warten derzeit noch auf eine ebenfalls positive Erledigung dieser beiden Verfahren.

Ein Jahr nach Ankunft unserer syrischen Gäste ist es nun an der Zeit für sie, die nächsten Schritte in ihrem Integrationsprozess zu setzen. Mit Ende August endet die Unterbringung unserer syrischen Gäste in der Mühlfeldgasse in Wiener Neudorf. Derzeit zeigen sich folgende weitere Schritte für die nähere Zukunft unserer syrischen Gäste:

Esahak möchte nach Wien und im Herbst versuchen, sein Studium der Elektrotechnik an der TU Wien fortzusetzen und abzuschließen (Esahak hat bereits vier Jahre in Syrien Elektrotechnik studiert, aber aufgrund des Krieges das Studium nicht abgeschlossen). Derzeit ist er noch auf der Suche nach einem Job zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes. Esahak ist bereits auf der Suche nach einem Platz in einer Studenten-WG, derzeit hat er bereits einen (hoffentlich vorübergehenden) Schlafplatz in einer „Flüchtlings-WG“ in Wien.

Hussein und Mohammad werden vorübergehend zu ihrer Schwester und ihrem Mann nach Wien ziehen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben. Mohammad hat dieses Jahr die HBLA in Biedermannsdorf als außerordentlicher Schüler besucht und möchte nächstes Jahr den Hauptschulabschluss machen.

Hasan wird ab September 2016 im Rahmen der Bundesbetreuung (SOS Kinderdorf in Wiener Neudorf) untergebracht. Auch Hasan hat dieses Jahr die HBLA in Biedermannsdorf als außerordentlicher Schüler besucht und möchte nächstes Jahr ebenfalls seinen Hauptschulabschluss machen.

Betreffend unserer irakischen Gäste, die im Pfadiheim leben, gibt es wenig Neuigkeiten. Sie warten weiterhin auf die Ladung für ihre Asylbefragung. Die Kinder sind in Schule und Kindergarten gut integriert und die Eltern lernen Deutsch. Sebe und Suhaib waren mit uns gemeinsam am WIWÖ Lager und Sebe hat bereits ihr Versprechen abgelegt und trägt stolz ihr Pfadi-Halstuch.

Wir möchten an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und allen beteiligten Personen an diesem Projekt ein riesengroßes Dankeschön aussprechen. Jeder einzelne Beitrag ist hilfreich und trägt zum Gesamterfolg unseres Projektes bei. Die Unterstützung unserer syrischen Gäste durch uns soll allerdings in dieser Phase nicht enden. Natürlich möchten wir auch weiterhin unseren Gästen mit Rat und Tat zur Seite stehen und sie in organisatorischen und rechtlichen Dingen so gut wir können beraten und begleiten.

Falls ihr Ideen habt oder Möglichkeiten seht, wie ihr unsere Gäste auf ihrem weiteren Weg unterstützen wollt, würden wir uns natürlich sehr darüber freuen – bitte einfach beim Flüchtlings-Kernteam der Pfadfindergruppe Wr. Neudorf melden. Aus unserer Sicht wären sinnvolle Bereiche vor allem die Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung, Arbeit-/Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. Ausbildung, soziale Aktivitäten und Freizeitgestaltung, etc.

Euer Flüchtlings-Kernteam der Pfadfindergruppe Wiener Neudorf

Geschrieben von: Regina