Im Heimabend am 14. April 2004 besuchen wir den Gendarmerieposten Wr. Neudorf. Wir werden von einem freundlichen Gendarmeriebeamten, Hrn. Wieland, begrüßt. Im Journaldienstraum sind noch zwei weitere Gendarmen anwesend – Hr. Klinger und Hr. Schenk, der den Journaldienst macht. Seine Aufgabe ist es, über Funk Verbindung zu den Streifenwagen zu halten und Anzeigen aufzunehmen. Der Posten Wr. Neudorf ist für ein Gebiet mit etwa 15.000 Einwohnern zuständig und umfasst neben Wr. Neudorf auch Biedermannsdorf, den größten Teil des Industriezentrums und das Multiplex bei der SCS. Natürlich fällt da ein riesiger Berg Arbeit an – zu bewältigen sind jährlich etwa 2.000 Gerichtsdelikte, 1.000 Unfälle und 10.000 Verwaltungsdelikte!
Hr. Wieland erzählt uns auch etwas über den Notruf. Wer den Polizeinotruf 133 wählt, erreicht damit den Bezirksposten (bei uns Mödling), dieser gibt den Anruf dann an die entsprechende Dienststelle weiter. Der Euronotruf (für Ausländer) ist 112.
Hr. Wieland trägt eine Gendarmerieuniform: blaues Hemd und eine graue Hose. Andere Kollegen haben aber bereits eine schwarze Hose an, wie sie auch die Polizei trägt. Alle rechnen damit, dass die Gendarmerie noch heuer mit der Polizei zusammengelegt wird. Zur Ausrüstung eines Exekutivbeamten gehören auch noch die Dienstwaffe (Glock-Pistole, Kaliber 9 mm) mit Reservemagazin, der Pfefferspray (um Randalierer außer Gefecht zu setzen), Handschellen sowie ein „Gummiknüppel“ aus Hartplastik. Der Knüppel der Cobra-Beamten hat einen Drehgriff und kann auch zur Abwehr von Hieben mit Schlagstöcken verwendet werden. Die Beamten arbeiten in 12-Stunden-Schichten; die Frühschicht beginnt um 7.00 Uhr, Schichtwechsel ist um 19.00 Uhr. Auch in der Nacht werden 3-4 Streifen gefahren. Hoffentlich machen etwaige Sparmaßnahmen den Ganztagsbetrieb nicht unmöglich!
Auf unserem Gendarmerieposten arbeiten 28 Beamte, davon 5 Frauen. Es ist erstaunlich, wie viele Spezialisten vertreten sind: es gibt 6 Kriminalbeamte (sind in Zivil gekleidet), 3 Verkehrsbeamte (2 Leute machen Streifenwagendienst, einer fährt mit dem Motorrad), zwei Cobra-Leute, einen Brandermittler und einen Hundeführer. Eine Einheit von drei Beamten wird regelmäßig bei Heimspielen des Fußballklubs Admira Mödling in der Südstadt eingesetzt, um den Verkehr zu regeln bzw. im Stadion aufzupassen.
Neben dem Journalraum ist die Kanzlei, in der die Anzeigen am Computer geschrieben und Verwaltungsarbeiten erledigt werden. Dahinter liegt der Haftraum. Hier werden Festgenommene bis zur Einlieferung ins Landesgericht eingesperrt. Die beiden Zellen sind sehr sparsam eingerichtet: Gittertüre, Metallbett mit dünner Matratze, WC, dazu eine Klingel, die der Häftling im Notfall betätigen kann. Außerhalb der Zellen ist ein Waschbecken.
Der hinteste Raum ist der Lagerraum für Waffen und Einsatzmittel. Dort befindet sich die Ausrüstung der dienstfreien Leute. Wir sehen viele verschiedene Dinge dort: Glock-Pistolen, Koppel, Maschinenpistolen (das ist das umgebaute Sturmgewehr 77 des Bundesheeres mit kürzerem Lauf, Kaliber ist das gleiche wie bei der Dienstpistole), Winkkellen zum Anhalten von Fahrzeugen und ein „Nagelbrett“ (das ist ein metallenes „Band“ mit extrem scharfen Dornen, das rasch auf die Straße gelegt wird, um ein Auto zum Stehen zu bringen).
Dann zeigt uns Hr. Wieland den Erkennungsdienstraum. Straffällig gewordene Personen werden hier registriert, fotografiert und es werden ihnen die Fingerabdrücke genommen. Auch ein Mundhöhlenabstrich für die DNA-Analyse wird vorgenommen. Zuletzt wurden am 8. April die Beteiligten eines Raufhandels in diesen Raum gebeten. Anschließend wird der Alkomat vorgeführt. Wer getestet wird, muss zwei Mal in einen Schlauch blasen, das Gerät wirft den Alkoholwert aus. Die beiden Werte werden verglichen, der niedrigere Wert zählt. Das Ergebnis bei unseren Guides, die in den Schlauch geblasen haben – 0,0 Promille!
Im Keller befinden sich die Umkleidekabinen – 2 Herren- und eine Damengarderobe. An den Wänden am Gang hängen nette Palmers-Plakate und Cola-Werbungen aus den 60er-Jahren. Es gibt einen Dart-Automaten und einen Sozialraum mit Tischfußball und Sitzecke. In Eigenregie haben sich die Gendarmen einen tollen Fitnessraum mit Duschen und Sauna eingerichtet. Dies ist vor allem für die Leute, die aus anderen Bundesländern kommen und die nicht so oft nach Hause fahren können, eine willkommene Abwechslung (einige sind aus der Steiermark, einer sogar aus Salzburg!).
Im Oberstock sind die Büros der Kriminalbeamten und Schlafräume für die Beamten, die Bereitschaftsdienst haben. Außerdem gibt es einen komfortablen Gemeinschaftsraum mit TV und Küche und einen Getränkeautomaten. Ein herzliches Dankeschön an die Gendarmen des Postens Wr. Neudorf, die uns ein Gratisgetränk spendiert haben!
Damit wäre die Führung zu Ende gewesen, da um 19.00 Uhr Schichtwechsel ist. Zu unserem Glück treffen wir nun Wolfgang Eger, der als Bub bei unserer Pfadigruppe gewesen ist und auch lange als Begleitführer tätig war. Nach einer Cobra-Ausbildung war er einige Jahre bei der Sondereinsatzgruppe NÖ und ist jetzt der Hundeführer auf unserem Gendarmerieposten. So können wir auch den Polizeihund – es ist ein belgischer Schäferhund – in Aktion sehen. Ein Polizeihund kommt im Alter von acht Wochen zu seinem Hundeführer, mit dem er sein ganzes Leben verbringen wird. Im ersten Lebensjahr bekommt er die Grundausbildung und lernt, strikt allen Befehlen seines Herrchens zu folgen. Erst danach beginnt die Spezialausbildung, die sehr aufwändig ist und mehrere Monate dauert. Es gibt viele Spezialgebiete, auf die ein Hund trainiert werden kann: Brandquellenspüren, Suchtgift, Blutspuren und Leichen, Stellen von Flüchtigen, Sprengmittel, Suche auf Betonboden, Lawinen- und Trümmersuche etc. Ein Hund kann nur auf verwandte Gebiete ausgebildet werden, da er sonst überfordert wäre.
Der belgische Schäfer ist auf Fährtensuche und Leichen ausgebildet. Er ist kein „Streichelhund“ und reagiert scharf, wenn ihn ein Fremder berührt. Heute soll er in der Garage eine Blutspur aufspüren und anzeigen. Wolfgang hat einen Fetzen mit einem drei Tage alten Blutfleck unter einer Kiste versteckt. Mit etwas Hilfe findet er nach einigen Minuten tatsächlich diese kaum wahrnehmbare Spur – eine beachtliche Leistung! Anschließend stellt eine Kollegin den „Flüchtigen“ dar und versteckt sich in einem Gebüsch. Der Hund soll sie nun finden, was im Park gar nicht so leicht ist. Der Schäfer darf sich nicht von den vielen anderen Hunden, die im Klosterpark herumlaufen, ablenken lassen. Endlich findet und stellt er den „Flüchtling“. Als die Kollegin weglaufen will, springt sie der Hund energisch an und zwickt sie trotz des Beißkorbs ordentlich. Doch das Tier weiß, dass es ein spielerisches Training ist. Im Ernstfall wäre er noch viel aggressiver!
Der Besuch bei der Gendarmerie hat uns Spaß gemacht und war sehr interessant. Einen Dank an die Beamten, die sich für die Führung die Zeit genommen haben und uns ausführlich alles gezeigt haben!
Geschrieben von: Stefan